"public/~image" (20.06. - 10.08.2002): KSTA_30_7_02

STÖRUNG ERZEUGT ERHÖHTE AUFMERKSAMKEIT: Andreas M. Kaufmann eröffnet in der Galerie Rivet den Bildern neue Zusammenhänge.


Man kennt diese Gaukler, die in der Betriebsamkeit einer Großstadteinkaufstraße die Dimension des Träumerischen eröffnen. So der Behinderte, der mit seinen Krücken und seinem Kopf einen Ball jongliert. Carlos heißt er, und seine Kunststücke als „öffentliches Monument“ sind auf einem Kugelbildschirm in der Galerie Rivet zu sehen, in Szene gesetzt von Andreas M. Kaufmann. Bilder aus ihrem Zusammenhang zu lösen und sie in neue Kontexte zu stellen – diese Strategie steht auch im Zentrum von Kaufmanns bereits 1996 formuliertem und bislang noch immer nicht realisiertem Konzept einer „Bilderpause“ im öffentlichen Raum, das er jetzt für die Kölner Innenstadt modifiziert hat. Die Idee kam ihm in der DDR, wo ihm das Komplette „ Fehlen“ von Bildern, Farbhinweisen und Werbungen im öffentlichen Raum ausfiel. Es geht darum, die Kölner „Schildergasse“ auf einem Wegstück von 100 bis 200 Metern zu „entschildern“. Die digital bearbeiten Fotos in der Ausstellung simulieren diesen Zustand.
Gerade weil die Werbe „Möblierung“ unserer städtischen Umgebungen eine solche Selbstverständlichkeit ist, erschiene die „ Bilderpause“ als eine „radikale Veränderung“, meint Kaufmann. Und: „ Die Störung gewohnter Sehweisen erzeugt erhöhte Aufmerksamkeit. Und erhöhte Aufmerksamkeit stimuliert die Reflexion - hoffentlich“
„Unser Weltbild besteht aus Bildern: offiziellen Bildern der Nachrichtenagenturen und Fernsehstationen“, erläutert Bert Neumann, Gründungsmitglied des Grafikbüros LSD und Initiator des Projektes „Weltbild“, das der Werbekampagne zum derzeit laufenden Festival „ Theater der Welt“ zu Grunde liegt. Das leitet über zu einem zweiten Ausstellungsbereich. Auf mehrere Großleinwände werden gleichzeitig Dias projiziert, von Straßen in Moskau, London, Toronto oder Singapur, ein afrikanisches Hüttendorf, Wohnungen in Gent oder Buenos Aires und der Balkon der Berliner Wohnung von Christoph Schlingensief. Alle diese (Welt-)Bilder stammen von Regisseuren, Schauspielern, Managern. Festivalleitern, Übersetzern und Dramaturgen, die am Festival „Theater der Welt“ beteiligt sind. Sie wurden gebeten, mit einer Plastikkamera ihr Haus und ihre Umgebung zu fotografieren, um so, dem Festivalthema entsprechend, die Schnittstelle zwischen Globalisierung und Biografie ins Bild bringen.