Kölner Stadt Anzeiger 05 März 1996
 
Angst und Sehnsucht
 
Andreas M. Kaufmann stellt in der Galerie Rivet aus
 

Das Bild bleibt still. Aller Erwartung zum Trotz geben die zahlreichen Figuren, die Andreas M. Kaufmann (Jahrgang 1961) vom Bildschirm abphotographiert hat und nun in der Kölner Galerie Rivet übergroß und grobkörnig an die Wände projiziert, keinen Ton von sich - egal, ob es Helden oder Bösewichte sind, Opfer oder Täter aus (Kult-)Filmen wie "Blue Velvet" und "Clockwork Orange". Nur das Surren der sechs Diaprojektoren, die in gleichmäßigem Rhythmus hundertzwanzig verschiedene Motive zeigen, und immer wieder ineinanderblenden, stört die Ruhe.
Es gibt zwei Kategorien von Bildern. Neben den "ersehnten Situationen"- mit großen Gefühlen und leisem Pathos - tauchen Momente der Angst auf, der existentiellen Bedrohung - extreme Zustände, die aber dem homo video seltsam vertraut erscheinen. Daß diese Verschränkung von Realität und einer auf menschliche Sehnsüchte oder Ängste zielenden Filmwirklichkeit sichtbar und somit reflektierbar wird, ist in Kaufmanns jüngster Installation "Umschau" Resultat subtiler wie simpler Mittel.
Indem das Einzelbild vom Filmstrang und seiner Tonbegleitung separiert wird, fordert es zum einen ungleich mehr Aufmerksamkeit für sich. Zum anderen wird das Filmstill durch die kreisenden Projektoren nun selbst in Bewegung gebracht und entwickelt sich zum eigenen Film, der über die verwinkelten Galeriewände gleitet.
Kaufmann führt so den Gedanken an die Wirklichkeit des Films als Spielort mannigfacher Projektionen. Und schließlich spiegeln die Wände nur den munteren Reigen farbiger Dias. Möglich, daß sie als Platzhalter jener flüchtigen Bilder aus dem 20. Jahrhundert fungieren, die hier die Stelle der Malerei einnehmen. (ane).